Musterfeststellungsklage bei Mercedes Benz

Erneutes Urteil gegen Daimler vor einem Oberlandesgericht – Chancen auf Schadensersatz im Abgasskandal steigen

In einem Urteil vom 05.11.2020, Az. 7 U 35/20, wurde die Daimler AG vom Oberlandesgericht (OLG) Köln zu Schadensersatz aufgrund sittenwidriger Schädigung mit illegalen Abschalteinrichtungen verurteilt. Insbesondere im Hinblick auf das erste Verfahren gegen Daimler vor dem Bundesgerichtshof (BGH) am 14.12.2020 ist dieses Urteil ein wichtiger verbraucherfreundlicher Meilenstein.

Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug, über welches das OLG Köln zu urteilen hatte, handelt es sich um einen Mercedes Benz 250D Marco Polo. Der Kläger und Besitzer hatte den Camper im Februar 2017 gekauft. Das Fahrzeug enthält einen Motor des Typs OM 651 mit der Abgasnorm Euro 6. Daimler muss in Folge des Urteils am OLG Köln das mangelhafte Fahrzeug zurücknehmen und an den Kläger Schadensersatz, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer, leisten.

Das Kölner Urteil ist eine erneute Schlappe für den Stuttgarter Fahrzeughersteller und bestätigt die Existenz von unzulässigen Abschalteinrichtungen bei einem Camper. Einer Fahrzeugklasse, die bisher nicht im Fokus des Abgasskandals stand.

OM651-Motor enthält gleich mehrere illegale Abschalteinrichtungen

Interessant für Mercedesfahrer, die ein Fahrzeug mit dem häufig verbauten OM651-Motor besitzen: Die Richter am OLG Köln sehen diesen Motortyp gleich mit mehreren illegalen Abschalteinrichtungen versehen. Dabei handele es sich nicht nur um die temperaturabhängige Abgaskontrolle (Thermofenster), sondern auch um eine Aufwärmstrategie, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. Des Weiteren erfolge die AdBlue-Dosierung im SCR-Katalysator falsch und die Motorsteuerung wechsele nach etwa 20 Minuten (entspricht der Prüfdauer) in einen „schmutzigen Modus“. In Summe würden die Grenzwerte für Stickoxide im normalen Fahrbetrieb dadurch teils deutlich überschritten.

Im Jahr 2018 war der streitgegenständliche Mercedes von einem offiziellen Rückruf des Kraftfahrtbundesamts (KBA) betroffen. Der Kläger ließ das Softwareupdate jedoch nicht aufspielen, weil er Folgeschäden an seinem Fahrzeug befürchtete. Im Mai 2019 erklärte er dann den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung, da er sich durch den Einbau unzulässiger Motorsteuerungssoftware getäuscht sah. Zudem war er der Überzeugung, dass die tatsächlichen Stickoxid-Werte von den gesetzlich vorgeschriebenen deutlich abweichen. Aufgrund dessen werde auch die angegebene Schadstoffklasse Euro 6 nicht erreicht.

OLG Köln rügt LG Bonn wegen fälschlicher Klageabweisung

Das Landgericht (LG) Bonn, Az. 15 O 172/19, wies die Schadensersatzklage in erster Instanz zunächst ab. Eine sittenwidrige Täuschung sei nicht ersichtlich. In dem Berufungsverfahren vor dem OLG Köln üben die Richter in ihrer Urteilsbegründung nun Kritik an der erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung:  Anders als dort behauptet, habe der Kläger insgesamt sieben verschiedene Abschalteinrichtungen aufgeführt und beschrieben und nicht wie in erster Instanz behauptet nur eine. Hierbei handelt es sich laut OLG um einen Verstoß gegen das „rechtliche Gehör“ (Art. 103 GG).

Die positive obergerichtliche Entscheidung in Köln war nun der erhoffte Erfolg für den Kläger. Sein Recht auf Schadensersatz abzüglich eines Nutzungswertersatzes für die gefahrenen Kilometer wurde bestätigt. Die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch Daimler sei erwiesen. Der Automobilkonzern habe aus Kosten- und Gewinninteresse und durch gewollte und bewusste Täuschung des KBA mangelhafte Fahrzeuge in Verkehr gebracht.

Der Fahrzeughersteller habe nicht ausreichend dargelegt, warum im Motor des Typs OM 651 keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Die vom Gericht angeforderten Rückrufbescheide des KBA hatte Daimler ebenfalls nicht vorgelegt und argumentierte damit, man sehe seine Geheimhaltungsinteressen nicht gewahrt. Zu der offensichtlichen Frage, welche negativen Folgen der Automobilhersteller durch die Offenlegung der Rückrufbescheide fürchtete, machte Daimler vor Gericht keine Angaben.

Verbraucherfreundliche Rechtsprechung der deutschen Oberlandesgerichte sind für BGH Verhandlung im Dezember ein gutes Omen

Nach dem ersten obergerichtlichen und verbraucherfreundlichen Urteil des OLG Naumburg im September, Az.8 U 8/20, bei dem über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung in einem Mercedes GLK geurteilt wurde, stellt das Urteil des OLG Köln einen weiteren Meilenstein  für eine verbraucherfreundliche Rechtsprechung im Mercedes Abgasskandal dar.

„Es ist schon das zweite Urteil eines Oberlandesgerichts innerhalb weniger Monate, das Daimler hinnehmen muss. Die Kölner Richter sehen im Motortyp OM651 sogar mehrere Abschalteinrichtungen verbaut. Hier wurde der Verbraucher nach den Ausführungen des Gerichts also gleich mehrfach mit geschönten Emissionswerten vorsätzlich getäuscht“,

meint auch Dr. Christof Lehnen, Rechtsanwalt der Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig.

„Verbraucher blicken nun gespannt nach Karlsruhe, wo am 14.12.2020 ein Schadensersatzprozess gegen Daimler vor dem BGH geführt wird. Es wäre zugunsten der betroffenen Autobesitzer wünschenswert, wenn auch hier der Schadensersatzanspruch für alle betroffenen Mercedesfahrer höchstrichterlich bestätigt wird“,

so Lehnen weiter.

Vom Abgasskandal betroffene Mercedesfahrern sollten Ihre Schadensersatzansprüche gegen den Daimler Konzern jetzt von einer auf den Dieselskandal spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei überprüfen lassen. Die Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig hilft Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche!