Mercedes-Abgasskandal: Landgericht Oldenburg verurteilt Daimler AG zu mehr als 40.000 € Schadensersatz
Verbraucheranwälte wissen es schon lange: Kunden der Daimler AG können im Abgasskandal Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies bestätigt aktuell ein Urteil des Landgerichts (LG) Oldenburg vom 21.05.2021, Az. 5 O 3059/20 (Abdruck auszugsweise unten).
In dem von unserer Kanzlei geführten Verfahren vor dem LG Oldenburg erwarb der Kläger im Mai 2015 von der Daimler AG ein Fahrzeug der Marke Mercedes Benz ML 250 cdi. Das Fahrzeug, in dem ein Motor des Typs „OM651“ verbaut wurde, ist von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) betroffen. Das LG Oldenburg hat die Daimler AG zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von (i.H.v.) über 40.000 EUR verurteilt:
Das Ergebnis des Urteils:
- unser Mandant erhält den Kaufpreis i.H.v. 51.500,00 € erstattet
- das manipulierte Fahrzeug kann an die Daimler AG zurückgegeben werden
- für die Nutzung des Kfz (66.322 km) schuldet der Kläger einen Nutzungsersatz i.H.v. 11.385,28 €
- das Gericht geht von einer hypothetischen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs i.H.v. 300.000 km aus
- der dem Kläger zustehende Schadensersatzanspruch beläuft sich auf 40.114,72 €
- die Daimler AG trägt die Kosten des Verfahrens
Warum? Nach Auffassung des Gerichts hat die Daimler AG in dem Fahrzeug des Klägers unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut.
Zum einen werde die Abgasrückführung bei kühleren Temperaturen zurückgefahren (sog. Thermofenster). Zum anderen erfolge im SCR-Katalysator eine zu geringe Einspritzung von Ad-Blue. Auch enthalte die Software des Fahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form der sog. Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung. All das führe entgegen den theoretischen Abgaswerten zu einem erhöhten Schadstoffausstoß. Dem sei die Beklagte in dem gerichtlichen Verfahren nicht in ausreichender Weise entgegengetreten. Die Daimler AG hätte in einer für das Gericht nachvollziehbaren Weise darlegen müssen, dass und aus welchen Gründen entgegen den Angaben der KBA-Bescheide keine unzulässigen Abschalteinrichtungen im streitgegenständlichen Motor des Typs OM651 verbaut seien, so das Gericht. Dieser Aufforderung sei die beklagte Daimler AG nicht nachgekommen.
Insbesondere habe man die vom Gericht angeforderten KBA-Bescheide unter dem Vorwand technischer Geheimhaltungsinteressen nicht ungeschwärzt vorgelegt. Auch habe Daimler zu dem aktuellen Stand der gegen die KBA-Bescheide laufenden Widerspruchsverfahren geschwiegen. Das Verhalten der beklagten Daimler AG – nämlich das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Motors des Typs OM651 in dem von unserem Mandanten erworbenen Fahrzeug – sei daher im Ergebnis als sittenwidrig zu qualifizieren.
führt das Gericht in seinem schriftlichen Urteil aus. Den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten habe bewusst sein müssen, dass die Endverbraucher ein Auto mit diesem Motor, dem für den Fall des Offenbarwerdens die Stilllegung droht, regelmäßig nicht kaufen würden. Das Handeln der verantwortlichen Mitarbeiter sei auch mit Wissen und Wollen der organschaftlichenVertreter erfolgt.
„Das Urteil des Landgerichts Oldenburg stärkt betroffenen Kfz-Besitzern im Daimler-Abgasskandal den Rücken. Die richterlichen Ausführungen zeigen deutlich, dass die Verschleierungstaktik der Daimler AG zu den verbauten Abschalteinrichtungen nicht weiter geeignet ist, die Schadensersatzansprüche der vom Abgasskandal betroffenen Mercedes-Fahrer zu verhindern. Ganz im Gegenteil: Wer zu entscheidungserheblichen Fragen, die nur er beantworten kann, schweigt, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Wenn die Daimler AG gegenüber dem KBA alle Abschalteinrichtungen und ihre Funktionsweisen offen gelegt hat, steht es dem Konzern jederzeit frei, den entsprechenden Nachweis zu führen. Wenn Daimler gegenüber den Behörden zu jeder Zeit ehrliche und zutreffende Angaben über das Abgasverhalten seiner Fahrzeuge gemacht hat, ist es unverständlich, warum entscheidende und angeblich entlastende Passagen selbst auf richterliche Anordnung nicht ungeschwärzt vorgelegt werden.“
Rechtsanwalt Dirk Sinnig, der das Verfahren in Oldenburg geführt hat.
Dabei stellen die Richter am LG Oldenburg auch klar: Der dem Kläger durch den Kauf des manipulierten Fahrzeugs entstandene Schaden wird auch nicht durch das von der beklagten Daimler AG angebotene Software-Update kompenisert. Dies insbesondere, weil der vorsätzlich handelnde deliktische Schädiger mangels bestehendem (vertraglichem) Vertrauensverhältnis keinen Anspruch auf Nachbesserung habe. Die Daimler AG habe ihre Kunden systematisch aus Gewinnstreben getäuscht. Der Kläger müsse sich auch nicht den Einwand widersprüchlichen Verhaltens entgegenhalten lassen, weil er das angebotene Update habe aufspielen lassen. Denn anderenfalls habe die Stilllegung des manipulierten Fahrzeugs gedroht.
Verbraucher, die einen Diesel der Marke Mercedes-Benz besitzen, sollten etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Daimler AG jetzt schnellstmöglich überprüfen lassen. Sie können uns gerne eine Erstanfrage über unser Kontaktformular zukommen lassen. Die anwaltliche Ersteinschätzung ist kostenlos und unverbindlich.